Die Innovationsstrategien Corporate Venturing und Venture Clienting bieten Unternehmen starke Werkzeuge, um sich dynamisch am Markt zu behaupten und neue Chancen zu nutzen. Doch der Erfolg hängt entscheidend davon ab, die richtige Strategie passend zur Zielsetzung und Risikobereitschaft zu wählen. Obwohl sich mein Buch Start-up Venture auf Startups bezieht, können viele Analogien zu den beiden Strategien gefunden werden.


1. Fokus und Zielsetzung

Venture Clienting ist besonders pragmatisch und direkt nutzbar. Unternehmen identifizieren gezielt dabei operative Herausforderungen und kaufen vorhandene Lösungen direkt von Startups ein, um rasch Mehrwert zu schaffen. Diese Vorgehensweise entspricht dem schnellen, iterativen Vorgehen, das ich in Start-up Venture als Problem-Solution Fit beschreibe: hier zählen unmittelbares Kundenfeedback und erste Umsätze. Unternehmen vermeiden langfristige Verpflichtungen, was sie flexibel hält und ihnen erlaubt, direkt auf Innovationen zu reagieren.

Im Vergleich dazu setzt Corporate Venturing auf den Aufbau einer langfristigen Investitionsstrategie, die auf Marktwachstum abzielt. Hier steht die strategische Positionierung im Vordergrund. Dies ähnelt dem Konzept des Product-Market Fit, bei dem Startups ihren Markt präzise finden und bedienen müssen. Unternehmen streben mit Corporate Venturing hohe Renditen und strategische Marktplatzierungen an – mit der Bereitschaft, langfristige Investitionen zu tätigen und ein höheres Risiko einzugehen.


2. Engagement-Modell

Ein weiterer Unterschied liegt in der Art der Zusammenarbeit mit Startups:

  • Bei Venture Clienting kaufen Unternehmen Lösungen projekt- oder transaktionsbasiert ein. So können sie die Innovationen flexibel testen und ohne Kapitalbindung direkt integrieren – ähnlich wie Startups ihre MVPs nutzen, um ohne grossen Aufwand Markttests durchzuführen. Diese Methode bietet Startups den Vorteil, Umsatz zu generieren und wichtige Marktvalidierung zu erhalten, ohne Anteile abzugeben. Im Start-up Venture betone ich, wie wertvoll diese Art der Marktvalidierung ist, da Startups durch echte Kundenmeinungen optimieren können.
  • Corporate Venturing hingegen bietet tiefere und längerfristige Bindungen: Hier investieren Unternehmen in Startups und übernehmen sogar Governance-Rollen. Diese Kapitalbeteiligungen schaffen für das Unternehmen Einfluss und Zugriff auf wichtige Innovationen. Für Startups bedeutet das Zugang zu Ressourcen, jedoch zum Preis des Eigenkapitals. In meinem Buch gehe ich auf die Einflüsse von Investoren auf Entscheidungsstrukturen ein – Corporate Venturing hat hier Ähnlichkeiten: Die Führung durch externe Investoren kann Wachstumswege aufzeigen, aber auch Einschränkungen bedeuten, wenn die Startup-Kultur beeinflusst wird.

3. Risiko und Rendite

Ein wesentlicher Aspekt ist das Risiko, das Unternehmen mit der Wahl der Innovationsstrategie eingehen:

  • Venture Clienting bringt für Unternehmen ein geringes finanzielles Risiko, da sie innovative Lösungen einfach einkaufen und integrieren, ohne Eigenkapital einzubinden. Startups gewinnen so Kunden und Umsatz, behalten jedoch ihre Autonomie. Das erinnert an die frühe Phase, die ich in Start-up Venture als entscheidend für den Problem-Solution Fit betrachte, wo Startups ohne grossen Einsatz Marktrückmeldung erhalten und ihre Produkte anpassen.
  • Corporate Venturing birgt dagegen höhere Risiken, da Kapital in Form von Eigenkapital investiert wird, was sowohl grosse Gewinne als auch Verluste bringen kann. Dieser Ansatz gleicht der risikoreichen Growth-Phase von Startups, wo sich Investments in die Skalierung konzentrieren, und das Unternehmen das Potenzial hat, durch sein Wachstum beträchtliche Renditen zu generieren – sofern die Märkte das Produkt annehmen. Ebenso gross ist die Unsicherheit, ob diese Investitionen sich in absehbarer Zeit in Rendite wandeln können…

4. Operative Auswirkungen

Die operativen Effekte der beiden Ansätze könnten kaum unterschiedlicher sein:

  • Venture Clienting ermöglicht es, Lösungen pragmatisch und schnell zu implementieren. Klar, das Unternehmen muss dazu auch bereits sein. Dafür profitieren sie operativ direkt und können flexibel auf Kundenwünsche und veränderte Anforderungen reagieren. Schnelle Iterationen und Experimente sind für den Erfolg Startups essentiell – eine Philosophie, die auch im Venture Clienting auf Unternehmen übertragen wird.
  • Corporate Venturing ist meist durch die strategische und langfristige Ausrichtung langsamer in der Integration. Die Governance und Abstimmung mit strategischen Zielen können Innovationen verzögern. Startups erleben diese Herausforderungen oft in der Scale-Up-Phase, wenn ihre Agilität durch zunehmende Strukturen und Investoreneinflüsse eingeschränkt wird.

Fazit

Insgesamt zeigen sich klare Unterschiede: Venture Clienting bringt schnelle, pragmatische Lösungen, die sofort operativen Nutzen schaffen, während Corporate Venturing auf strategische Gewinne und langfristiges Wachstum setzt. Beide Ansätze sind nützlich, je nachdem, ob der Fokus auf sofortiger operativer Effizienz oder auf strategischem Wachstum liegt. Aktuell liegt die Tendenz eher auf kurzfristige Effizienz und weniger auf strategischem Wachstum. Dazu habe ich auch schon einen passenden Blogpost verfasst.

Die entscheidende Lektion aus meinem Buch Start-up Venture ist klar: Innovation erfordert Risikobereitschaft, Agilität und Fokus – egal ob im Startup oder im Grossunternehmen. Die Wahl der richtigen Strategie kann über den Erfolg und die Fähigkeit zur Anpassung an ein dynamisches Marktumfeld entscheiden.